Donnerstag, 8. August 2013
Die Schmetterlings-Invasion
„Erst wer alles verloren hat, hat die Freiheit ALLES zu tun!“ -Taylor-

Verliebt zu sein ist ein großartiges Gefühl. Manchmal reicht es aus, zu denken man sei verliebt um dieses großartige Gefühl zu haben. Dabei liegt man meistens leider sehr oft daneben. Die Wahrscheinlichkeit zu glauben, man hätte den „Partner fürs Leben“ gefunden steigt potentiell zur Anzahl von Fehlschlägen, bei denen man einen Korb kassiert hat. Wie oft ich einen Korb kassiert habe? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass ich in meinem doch noch überschaubaren Leben einige sehr schwere Fehler begangen habe nur weil ich meinte, mich selbst so glücklich machen zu können. In diesem Buch möchte ich dich (ich nehme die Du-Form, weil ich so einiges von mir preisgebe so dass ich mir das Recht herausnehme, dich zu duzen) teilhaben lassen auf meinem Weg zur Suche nach dem Glück. Erkennst du dich in diesem Buch wieder? Schön! Du warst ein bedeutender Teil auf meinem Weg und hast mich zu dem geformt, was du jetzt hier auf den Seiten lesen wirst.

Bevor es aber wirklich ans Eingemachte geht, frage ich mich ernsthaft wer von meinen Lesern/Leserinnen jetzt hofft, sich in diesem Buch zu erkennen. Solltet ihr hier erwähnt werden, fühlt euch geehrt. Nicht jeder Schalter in einem Raum macht auch Licht.

Fragt man einen kleinen Jungen jenseits der Grundschule oder während der Grundschule ob er sich für Mädchen interessiere, dann wird man höchstwahrscheinlich: „Mädchen? Nein, die interessieren mich nicht!“ zu hören bekommen. Dies mag vielleicht im gewissen Rahmen so auch zutreffen. Gehe ich von mir aus, kann ich das jedoch so nicht unterschreiben. Es geschah in der dritten Klasse als ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, eine Armee von Schmetterlingen würde bei mir einmarschieren wie einst die Alliierten in der Normandie. D-Day im Bauch. Die Invasion des Anti-„aus Mädchen mache ich mir nichts“ Gefühls. Sie hieß Desiré. War älter als ich und schon in der vierten Klasse. Eine wirkliche, in meinen Augen, reife Frau! Wie Napalm goss sich ihre Anwesenheit auf meine Seele und entbrannte das Feuer in mir, das mich zum vollständigen Vollidioten werden ließ. Schon damals begann ich, mein Leben, zumindest in der Schule, nach dieser einen Sache auszurichten. Süchtig nach dem Gefühl der Schmetterlinge im Bauch. Gottseidank spielen in einem kindlichen Kopf auch noch andere Dinge eine Rolle. So war natürlich auch das suhlen im Dreck, das Graben einer Höhle oder das Arbeiten auf einem Bauernhof genauso wichtig. Als Kind hat man es leichter sich abzulenken. Außerdem, so ist es hoffentlich auch bei den anderen, spielen hier die körperlichen Gelüste noch keine Rolle. Allerdings bin ich doch immer wieder erstaunt wenn ich im Internet Bilder sehe von Kindern mit 11+ Jahren die meinen, sie seien schon bereit für Sex. Kranke Zeiten für eine kranke Gesellschaft. Sicherlich auch ein Anreger für dieses Buch. Nicht dass ich die Gesellschaft jetzt gänzlich zur Verantwortung ziehe, aber sie trägt mit Sicherheit eine große Rolle. Ich als kleiner Bub habe mich an den Schmetterlingen in meinem Bauch erfreut, vor allem dann wenn Desiré, wie von mir geplant, vor mir am Bäcker stand. Nein noch besser! Ich mich vor sie gestellt habe nur um sie vorlassen zu können. Wenn ich das jetzt so lese, kommt mir das wahnsinnig lächerlich vor, besonders weil sie mich sonst nicht einmal mit dem Arsch angeschaut hat. Denke ich dann aber an das was in diesem Buch noch so folgen wird, dann war das ja noch ganz niedlich. Auch im Freibad hab ich mich verhalten wie der letzte Clown und versucht sie zu beeindrucken mit meiner kindlich-lustigen-verspielten Art… was sie allessamt ziemlich kalt lies. Sie war also ein ziemlich unterkühltes und „obercooles“ Mädchen das einem kleinen Pisser wie mir keine Beachtung schenken wollte. Das wirkte auf mich natürlich nur noch beeindruckender und faszinierender und ich verstärkte meine Versuche, ihre volle Aufmerksamkeit zu bekommen. Der jähe Schnitt kam dann mit dem neuen Schuljahr, sie in der 5. Klasse, nichtmehr auf meiner Grundschule und ich alleine gelassen vor ihr. Keine Chance mehr auf die Schmetterlingsdroge. Nie mehr werde ich dasselbe Gefühl mehr ha… Sie hieß Tamara und war Jünger als ich… Tamara war, ich glaube, eine Klasse unter mir. Kennen gelernt hab ich sie aber bei meiner allspätsommerlichen Aktion des Hagebuttenzopfens eines Familienbetriebs von bekannten meiner Eltern. Sie war damals wie ein Engel für mich. So unfassbar schön. Ich wollte dann natürlich immer in ihrer Nähe arbeiten, bot ihr sogar immer an, die leicht zu erreichenden Hagebutten von den Sträuchern zu pflücken, ich würde die Feinarbeit dann für sie nachholen. Ich nahm also Narben dieses Strauches auf mich, nur um bei ihr gut dazustehen. Abgerechnet wurde übrigens in x Euro pro Kilogramm. Dass man mit der scheiße aus den Sträuchern weniger Geld bekommt als die schnell erreichbaren, reifen und vor allem schweren Hagebutten die ich ihr gelassen hatte steht auf einem anderen Blatt. Ich wär wohl jetzt schon Porsche-Fahrer… Jedenfalls war der Spätsommer dann irgendwann gelaufen und ich sah Tamara zum Glück noch an der Schule. Allerdings hatte ich immer den Eindruck, dass sie über den Dingen stand. Total abgeklärt und cool. Desiré war im Nachhinein betrachtet einfach nur arrogant. Tamara war, trotzt ihrem jüngeren Alter, schon eine ganz andere Klasse als Desiré… Als Desiré je hätte sein können. Aber genau diese Erhabenheit reizte mich. So wurde es schon zur unermesslichen Qual, wenn ich sie auch nur einen Tag nicht sah. Teilweise lag ich nachts schon wach, nur weil ich unnötig viele Gedanken daran verschwendet habe, warum sie mir aus dem Wege geht. Als sich dann das Schuljahr dem Ende entgegen neigte, wagte ich es trotz großer Angst, mit meiner Mutter darüber zu sprechen. Ich fragte Sie, ob ich Sie ansprechen solle um ihr zu sagen wie ich sie finde und das ich sie mag. Das einzige was sie zu mir sagte war: „Lass es bleiben und verschone dich von unnötigem Ärger! Du kommst bald auf eine andere Schule und lernst neue Menschen kennen, die dir vielleicht besser gefallen werden!“ Ich war erstaunt wie gut ich den Ratschlag meiner Mutter annahm und schon bald war Tamara nur noch ein Mensch neben all den anderen auf dem Pausenhof und ich konnte befreit und Schmetterlingsfrei die Grundschule beenden und war froh, mit der Realschule einen Neustart hinlegen zu können. Ein Fortschritt im Leben, garantiert ohne Schmetterlinge und ohne unnötigen Ballast, der mich nachts nichtmehr zu Ruhe kommen ließ. Meine Gott hatte ich mich geirrt!

Desiré verkauft mir übrigens jetzt mein Benzin und meine Zigaretten, Tamara ist offensichtlich mit einem Großteil meines Freundeskreises befreundet, und sogar mit einem meiner Kumpels zusammen, ich habe aber noch bis zum heutigen Tage nie wirklich mehr gesprochen als das, was in der vierten Klasse beim Hagebuttenzupfen gesprochen wurde. Was Tamara angeht hat meine Mutter wirklich hervorragende Arbeit geleistet.

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